Autonome Traktoren weisen den Weg in die Zukunft: mehr Effizienz und bessere Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft

Noch in diesem Monat gibt der autonome Konzepttraktor von Case IH sein Europadebüt. Dank modernster Sicherheits- und Steuersysteme kann er fahrerlos arbeiten und dabei lückenlos überwacht werden. Seine Technologie verspricht enorme Fortschritte bei Produktivität, Umweltfreundlichkeit und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft weltweit – davon ist das Team hinter der Maschine überzeugt. Das Potenzial der zugrunde liegenden technischen Konzepte ist gewaltig: nichts weniger als ein signifikanter Beitrag zur effizienteren Nutzung von Agrarflächen und damit zur Ernährung der rapide wachsenden Weltbevölkerung – Prognosen sprechen von 9 Milliarden Menschen bis 2050!

Nachdem das ACV (Autonomous Concept Vehicle – autonomes Konzeptfahrzeug) auf der Farm Progress Show 2016 in den USA weltweit zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, ist es nun auf der SIMA, der internationalen Fachmesse für Landmaschinen in Paris, zum ersten Mal auch in Europa zu sehen, präsentiert von Case IH, einer Marke von CNH Industrial. Das ACV von Case IH hat bei den SIMA Innovation Awards bereits die Silbermedaille errungen.

Case IH gehört mit dem bereits in den 90er Jahren eingeführten AFS™ (Advanced Farming Systems), einem GPS-gestützten System zur Anzeige der Erträge unterschiedlicher Areale auf dem Feld, zu den Pionieren des Precision Farming. Das System ist in weiterentwickelter Form bis heute in Gebrauch und ermöglicht die automatische Anpassung der Ausbringungsmengen von Dünger und Saatgut nach jeweiligem Bedarf. Das erlaubt eine Ertragsmaximierung und schützt vor Verschwendung. Gleichzeitig minimiert es die Umweltbelastung.
 

Später, im letzten Jahrzehnt, kamen Lenkautomatiksysteme für die Feldarbeit hinzu. Sie nutzen eine weiterentwickelte Version der GPS-gestützten Navigationssysteme für Straßenfahrzeuge und haben neben anderen Automatikfunktionen in viele der heute im Handel erhältlichen Traktoren und sonstigen Landmaschinen Eingang gefunden. Mit diesen Systemen lassen sich Überlappungen und Fehlstellen bei der Feldbearbeitung vermeiden. Das spart Kraftstoff, Dünger und sonstiges Ausbringgut und erleichtert dem Fahrer die Arbeit. Dennoch gehören lange Arbeitsstunden in den Kabinen dieser Maschinen nach wie vor häufig zum Arbeitsalltag, während es immer schwieriger wird, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden, das diese Maschinen bedienen kann. Das ACV soll den Fahrern die Monotonie solcher langen Arbeitsstunden ersparen, sodass sie selbst und ihre Arbeitgeber ihre Fähigkeiten besser nutzen und darüber hinaus zu einer besseren Work-Life-Balance finden können, während unbemannte Maschinen rund um die Uhr eingesetzt werden können, um beispielsweise Schönwetterperioden bestmöglich auszunutzen. ACVs lassen sich in bestehende Flotten integrieren und Seite an Seite mit herkömmlichen Fahrzeugen aufs Feld schicken. Für die Zukunft ist sogar eine automatische Anpassung an Wetterereignisse denkbar.

„Im ACV wird viel von der herkömmlichen Technologie moderner Traktoren verbaut. Mit RTK, einer ultrapräzisen GPS-Variante, erzielt man bei der Parallelsteuerung Abweichungen von weniger als 2,5 cm. Viele Landwirte nutzen diese Technik bereits, um unwirtschaftliche Überlappungen oder Fehlstellen zwischen den einzelnen Wegstrecken zu vermeiden“, so Dan Stuart von Case IH.

„Mit dieser hohen Lenkgenauigkeit lässt sich Verschwendung bei den Ausbringungsmengen eliminieren. Darüber hinaus liegt hier der Schlüssel zur erfolgreichen Anwendung von Techniken wie dem mechanischen Jäten zwischen den Pflanzenreihen, sodass weniger Pestizide ausgebracht werden müssen. Auch die organische Landwirtschaft wird dadurch eher praktikabel. Außerdem ist das ACV mit Telematiksystemen ausgestattet, wie sie auch von einigen der heute üblichen Traktoren bekannt sind. Damit können Landwirte oder Verwalter am Tablet oder Büro-PC jederzeit sehen, wo sich ein Traktor gerade befindet, was er tut und sogar, wie viel Kraftstoff er noch im Tank hat.“

Zusätzlich ist das ACV mit Radar, Lidar (einer hochmodernen Laser-Technik), Näherungssensoren, Sicherheits- und Funksystemen ausgestattet, sodass es von einem PC oder Tablet aus überwacht und gesteuert werden kann. Dadurch kann der Traktor, sobald er das Feld erreicht hat, komplett unabhängig und fahrerlos arbeiten. Folglich ist auch keine Kabine mehr notwendig. Nähert sich der Traktor einem Hindernis, das den Traktor gefährden oder durch den Traktor gefährdet sein könnte, stoppt er. Der Betreiber wird alarmiert und kann anhand der Kamera-Feeds entscheiden, ob der Traktor warten muss oder weiterfahren darf. Liegt beispielsweise nur ein kleiner Strohhaufen im Weg, kann man ihn weiterfahren lassen. Befindet er sich dagegen auf Kollisionskurs mit einem anderen Fahrzeug auf dem Feld oder sonstigen Gelände, kann man ihn warten lassen, bis das andere Fahrzeug vorbei ist.

Ist ein Feld ausschließlich über Privatstraßen oder Privatgelände erreichbar – ACVs sind nicht für öffentliche Straßen zugelassen –, kann der Traktor so programmiert werden, dass er den Weg von allein findet. Der Landwirt oder sein Verwalter kann den Weg des Traktors auf einer Karte verfolgen, die am Tablet oder PC angezeigt wird, und die Fahrstrecke sogar aus Sicht des Traktors überprüfen, indem er auf die Videokamera-Feeds zugreift.

Künftig sollen autonome Traktoren auch „Big Data“ verarbeiten können, zum Beispiel Echtzeitdaten von Wettersatelliten, um günstige Arbeitsbedingungen unabhängig von Tageszeit und Bedienereingaben automatisch optimal nutzen zu können. Ein Beispiel: Der autonome Traktor stoppt automatisch, wenn aufgrund eines Wetterwechsels Probleme absehbar sind, und nimmt die Arbeit von allein wieder auf, sobald sich die Wetterlage ausreichend bessert. Oder der Traktor wird über nicht öffentliche Wege auf ein anderes Feld entsandt, wo die Bedingungen besser sind – bessere Bodenverhältnisse, kein Regen usw.


Derzeit ist das ACV noch ein Konzept, aber ein Testprogramm unter Realbedingungen in Zusammenarbeit mit Landwirten hat bereits begonnen und geht weit über eine Prüfung der bloßen Leistungsfähigkeit des ACV an sich hinaus.

„Ein autonomer Traktor kann das Management eines landwirtschaftlichen Betriebs noch weiter verändern. Daher arbeiten wir mit Testbetrieben zusammen und prüfen neben dem praktischen Nutzwert und der Leistungsfähigkeit der Maschine auch die Auswirkungen autonomer Fahrzeuge auf den Einsatz der Arbeitskräfte, die Logistik und die Ausbringungsmengen“, so Dan Stuart.


Bestimmte Elemente der ACV-Technologie lassen sich bereits in näherer Zukunft in herkömmliche Traktoren einbauen, und zwar nicht nur in PS-starke Modelle für Bodenbearbeitung, Saat- und Erntearbeiten in Großbetrieben, wie wir sie auf der Messe präsentieren, sondern auch in kleinere Modelle, beispielsweise für den Obstbau.


„Viele der technologischen Voraussetzungen für autonome Fahrzeuge wie zum Beispiel die Hinderniserkennung, stehen bereits zur Verfügung.  Und mit der zunehmenden Verbreitung und Verfügbarkeit dieser Technologien in der Automobilindustrie erwarten wir auch einen Preisrückgang. Das heißt, während sich kabinenlose, autonome Traktoren kurzfristig noch nicht durchsetzen werden, ist zu erwarten, dass neue Traktoren schon viel früher mit einzelnen Elementen der autonomen Technologie ausgestattet werden“, so Dan Stuart abschließend.